Warum Kunden keine Zeugnisse lesen

Beim Handel mit Stahl- oder Metallerzeugnissen gibt es viele Fehlerquellen, da ist die Vielfalt von Legierungen, Erzeugnisformen, Werkstoffbezeichnungen und Normen auch für Fachleute nicht immer leicht durchschaubar ist. 

Ein Kardinalfehler, den aber die Kunden des Stahlhandels immer wieder machen, ist, die Abnahmeprüfzeugnisse nicht zu lesen. Dabei ist das Abnahmeprüfzeugnis das Dokument, das aus einem Stück Metall erst ein definiertes Halbzeug macht. Viele Schäden hätten vermieden werden können, wenn der Kunde das Zeugnis gelesen hätte. 

So hatte ein Stahlbaubetrieb Brennschneidteile aus Stahlblechen diverser Güten bei einem Stahl Service Center gekauft, um ein Ersatzteil für einem riesigen Braunkohlebagger zu bauen. Der Tagebaubetrieb hatte ausdrücklich gefordert, daß für alle Bleche des Ersatzteils ein Abnahmeprüfzeugnis 3.1 nach DIN EN 10204 vorzulegen ist. Aus Zeitgründen wurde mit dem Bau des Ersatzteils begonnen, obwohl die Zeugnisse noch nicht vorlagen.

Diese wurden erst bei der Abnahme des Bauteils beim Stahlhändler angefordert und zeigten, daß das am stärksten belastete Blech aus einem zu weichen Werkstoff gefertigt worden war. Das Ersatzteil mußte in Nacht- und Wochenendschichten aufwändig verstärkt werden, da eine Neuanfertigung zu lange gedauert hätte. Der Stahlhändler hatte in Anbetracht der eindeutigen Falschlieferung bereits zugesagt, die erheblichen Mehrkosten zu tragen. 

Der Versicherer lehnte eine Übernahme der Kosten aber unter Hinweis auf § 377 HGB ab. Das Lesen von Prüfzeugnissen ist grundlegender Bestandteil einer angemessenen Wareneingangskontrolle. 

 

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© Thomas Eberhard, Technischer Sachverständiger, Heppenheim